ACHTUNG! MUSIK ...
Zwischen Filmkomödie und Musical
36. Internationaler Filmhistorischer Kongress
22. (Eröffnung) - 25.11.2023, Hamburg
Ausgehend von den beliebten Unterhaltungsmedien der Bühnen-Operette und der Revue sowie einigen stummen Filmoperetten entstand nach Einführung des Tonfilms 1929 in Deutschland das populäre Genre der Tonfilm-Operette bzw. der musikalischen Komödie. (vgl. die CineGraph-Kongresse 1997 und 1998).
Nach dem Machtantritt der Nazis 1933 wurde ein großer Teil der gerade an diesem Genre beteiligten Regisseure (Wilhelm Thiele, Hanns Schwarz), Autoren (Franz Schulz, Fritz Rotter, Felix Joachimson/Jackson, Hermann Kosterlitz/Henry Koster), Komponisten (Jean + Robert Gilbert, Friedrich Hollaender, Paul Abraham, Hans May, Werner Richard Heymann) und Stars (Jan Kiepura, Marta Eggerth, Max Hansen) ins Exil vertrieben. Über Wien und Budapest kamen die meisten schließlich nach Hollywood.
Themen-Ansatz des Festivals ist es, den Einflüssen nachzugehen, die sich aus der Vermischung von Künstlern mit unterschiedlichen Traditionen für die Weiterentwicklung des Musicals bzw. der musikalischen Komödie ergaben.
Im Blick bleibt aber auch die Entwicklung im deutschen Kino mit dem Revuefilm sowie der Blick auf andere Exilländer (Niederlande, Großbritannien), wohin einige Emigranten zogen.
Traditionsgemäß gehen wir auch den Karrieren von Filmschaffenden nach, die aus Prag und dem k.u.k.-Reich stammten und im Weimarer Kino und darüber hinaus ihre Karriere entfalteten.
Der 36. Internationale Filmhistorische Kongress ist Teil des cinefest, bei dem die Themen des Festivals in Vorträgen und Diskussionen vertieft werden. Er wird als hybride Veranstaltung auch im Online-Stream verfügbar gemacht. Für den Kongress haben wir nationale und internationale Expertinnen und Experten eingeladen. Dabei stehen besonders die Fachgebiete Exilfilm, Produktionsgeschichte und Musikgeschichte im Mittelpunkt.
Der Kongress ist in thematisch abgestimmte Panels aufgeteilt. Am Abend des 22.11. wird er im Kommunalen Kino Metropolis eröffnet. Die Vorträge finden vom 23.-25.11.2023 von 9:30-16 Uhr im Gästehaus der Universität statt. Anschließend wird im Kommunalen Kino Metropolis ab 17 Uhr ein ergänzendes Filmprogramm präsentiert.
Im ersten Panel „Musik und Migration“, werden Jan-Christopher Horak und Heike Klapdor als Einstieg in das Thema einen Überblick über die Geschichte des Musikfilms in Deutschland geben, insbesondere mit Blick auf die Exilgeschichte vieler beteiligter Filmschaffender.
Es folgt das Panel “Musikfilm definieren”, in dem Wolfgang Trautwein Werner Richard Heymanns Tonfilmoperetten untersucht und die Möglichkeiten, Musikfilme zu beschreiben.
In dem Panel „Regie“ stehen die Regisseure Wilhelm Thiele und Hanns Schwarz im Mittelpunkt, die die Musikfilmtradition der Ufa in der frühen Tonfilmzeit maßgeblich geprägt haben.
Im Panel „Gesang“ untersucht Andreas-Benjamin Seyfert Max Reichmanns Filme mit dem Tenor Richard Tauber, während Jonathan Schilling Rollenmustern und Topoi in Filmen mit Tenören als Hauptdarsteller nachgeht. Karl Griep und Daniel Otto blicken auf die Interessen der deutschen Filmindustrie und deren Sog- und Schubwirkung auf ausländische Künstlerinnen und Künstler.
Im Panel „Schauspiel“ wird Marie-Theres Arnbom über den Sänger und Schauspieler Max Hansen referieren, der nach der Machtübernahme der Nazis nach Schweden emigrierte, wo er zu einem der bekanntesten Künstler seiner Zeit avancierte. Tobias Haupts stellt den Schauspieler Paul Hörbiger in den Fokus seines Vortrags und untersucht dessen Eingebundensein in die Poetik der Musik(filme) in besonderer Konzentration auf die Filme in der Zeit des Nationalsozialismus.
Das abschließende Panel „Komposition“ beschäftigt sich mit heute zum Teil vergessenen (Film)Komponisten, die aber ihrerzeit große Bekanntheit hatten. Geoff Brown spricht über die Exilerfahrungen von Hans May, während Réka Gulyás den ungarischen Komponisten Mihály/Michael Eisemann vorstellt.
Ergänzt wird der Kongress von Präsentationen zum Stand der Digitalisierung im Bundesarchiv: Petra Rauschenbach (Abteilungsleiterin Filmarchiv) stellt den neuen Digitalen Lesesaal des Bundesarchivs vor und Christian Hänger (Abteilungsleiter Archivtechnik und zentrale fachliche Dienstleistungen) erläutert den Weg von der Filmrolle zur Datei.
Programmübersicht
Die Vorträge sind auf ca. 25 Minuten angesetzt und werden anschließend im Plenum diskutiert. Die Konferenzsprachen sind Deutsch oder Englisch (es gibt keine Live-Übersetzung). Der Kongress findet in hybrider Form statt (Präsenz und Videostream). Akkreditierte für die Präsenz-Veranstaltung haben Zutritt zu den Kinoveranstaltungen vom 22.-26.11.2023.
36. Internationaler Filmhistorischer Kongress: Tag 2
36. Internationaler Filmhistorischer Kongress: Tag 3
Im Anschluss an den Kongress werden die überarbeiteten Vorträge in einem Buch veröffentlicht, das im Herbst 2024 bei edition text+kritk erscheint.
In Vorbereitung auf Kongress und Festival fand vom 11. – 14. Mai 2023 ein internes Sichtungskolloquium in Berlin statt, am 11. + 12. Mai im Bundesarchiv, Standort Lichterfelde, und am 13. + 14. Mai im Zeughauskino des Deutschen Historischen Museums – wegen Umbau im Auditorium vom Pei-Bau.
XX. cinefest – Internationales Festival des deutschen Film-Erbes und der 36. Internationale Filmhistorische Kongress werden veranstaltet von CineGraph Hamburg und Bundesarchiv in Kooperation mit Creative Europe Desk Hamburg, dem Gästehaus der Universität und zahlreichen nationalen und internationalen Institutionen.
Konzeption: Hans-Michael Bock, Erika Wottrich
Beratung: Petra Rauschenbach, Geoff Brown, Jan-Christopher Horak, Jan Distelmeyer
Organisation: Erika Wottrich, Justina Bielicke
Coordination Bundesarchiv: Sabine Lang
Technische Betreuung: George Riley