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Stundenplan
21.11.2025
- Keynote 2: DDR
- 09:30 - 10:20
- Erzählwelten aus Papier und Zelluloid. Wechselbeziehungen zwischen Film und Literatur in der DDR
- Ob Christa Wolf, Jurek Becker, Helga Schütz, Ulrich Plenzdorf oder Liselotte Welskopf-Henrich: Zahlreiche anerkannte Schrifteller:innen der DDR gingen zum Film. Dass sie sich nicht selten als Szenarist:innen und Drehbuchautor:innen betätigten und ihre Erzählwelten sowohl auf dem Papier als auch auf Celluloid entwarfen, erscheint im retrospektiven Blick auf die DDR charakteristisch. Dabei entstanden sowohl tragfähige Arbeitspartnerschaften, die über Jahrzehnte Bestand hatten, als auch konfliktreiche Zusammenarbeiten zwischen Regie und Autorschaft. Die in der Forschung oft gestellte Frage danach, ob das Buch oder der Film zuerst da war, erscheint angesichts individueller Entstehungsgeschichten und oft komplexer Produktionsbedingungen einzelner Buch- und Spielfilmideen nicht immer zielführend. Der Vortrag erkundet somit weniger das Konkurrenzverhältnis als vielmehr die intermedialen Wechselbeziehungen zwischen Film und Literatur vor dem Hintergrund zeit- und kulturhistorischer Konstellationen in der DDR.
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Sprecher:in
Anett Werner-Burgmann
- Panel 3: Franz Fühmann | Manfred Bieler
- 10:30 - 11:15
- Der Jongleur im Kino. Ein unbequemer Autor: Franz Fühmann
- Ein Leben voller Wendungen und Widersprüche, »vom Jesuiten-Zögling zum HJ-Pimpf und Wehrmachtssoldaten, vom disziplinierten DDR-Funktionär zum zornigen Zensur-Gegner« (Jürgen Krätzer), das auch im Filmschaffen des Schriftstellers Ausdruck findet und überdies auch die Wendungen und Widersprüche der Kulturpolitik der DDR spiegelt. Mit seinen Novellen lieferte er die Vorlage für eindrucksvolle und erfolgreiche Filme, seine eigenen Filmstoffe dagegen stießen auf Schwierigkeiten. Ein tragischer Fall: Die beiden großen Filmprojekte »Der Nibelunge Not« und »Simplicius Simplicissimus«, an denen er über Jahrzehnte arbeitete und die er als einzige seiner Arbeiten für den Film gelten ließ, wurden nicht realisiert.
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Sprecher:in
Michael Töteberg
- 11:25 - 12:10
- Von Kaninchen und hohen Tieren – Der Grenzgänger Manfred Bieler und sein Verbotsfilm
- »In dem Manuskript wird ein Bild der DDR gezeichnet, das in wichtigen Einrichtungen wie Schule, Gerichtswesen, kommunale Verwaltung usw. von Unmoral durchsetzt ist« – so lautete das vernichtende Urteil der Abteilung Kultur im ZK der SED, das 1964 die Veröffentlichung von Manfred Bielers Roman »Maria Morzeck oder Das Kaninchen bin ich« verhinderte. Bereits im folgenden Jahr produzierte die DEFA mit einem ihrer damals profiliertesten Regisseure, Kurt Maetzig, eine Verfilmung – die beim Kahlschlagplenum zerrissen und verboten wird. Wie Maria Morzeck in seinem Roman ist auch der Kaninchenfilm an den hohen Tieren in der Partei gescheitert. Nach zweifacher Umsiedlung – über Prag nach München – konnte Bieler seinen Roman 1969 in umgearbeiteter Form erstmals in der BRD veröffentlichen. 1976 gab es einen ZDF-Fernsehfilm. 1989/90 erreichte der DEFA-Film endlich eine Öffentlichkeit und wurde bei der Berlinale gefeiert. Der Vortrag untersucht, wie sich der Stoff über die verschiedenen Bearbeitungsstufen gewandelt hat und was diese Unterschiede über die jeweiligen politischen Möglichkeitsräume sowie Medienformate und Zielgruppenausrichtungen aussagen. Dabei wird auch betrachtet, woran sich 1964/65 die große Kritik entzündete und wie Bieler und sein Film beim Plenum stilisiert wurden. Darüber hinaus werden weitere Stationen im Lebensweg des Schriftstellers und Grenzgängers zwischen den Systemen gestreift.
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Sprecher:in
Johanna Deventer
- 12:10 - 13:10
- Mittagspause
- Panel 4: Familie Mann
- 13:10 - 13:55
- Film als »eine neue Waffe«. Klaus Mann und Hollywood
- Im März 1933 verließ Klaus Mann das nationalsozialistische Deutschland und emigrierte über verschiedene europäische Länder 1938 in die USA. Wie viele der ins Exil getriebenen Schriftsteller und Schriftstellerinnen versuchte auch er, in der amerikanischen Filmindustrie Fuß zu fassen. Allerdings ohne Erfolg. Klaus Manns Drehbuch »The United States of Europe« – später »Union now« (mit Erika Mann als Co-Autorin) –, das seine politische Vision eines vereinigten Europas in einer Familienchronik spiegeln sollte, wurde nie verfilmt. Die Arbeit an dieser Filmidee begleitete Klaus Mann von 1939 bis in den Frühling 1940, erhalten sind ein zwölfseitiges deutschsprachiges Typoskript sowie vier englischsprachige Fassungen. Auch wenn sein Filmentwurf nicht umgesetzt wurde, hatte Klaus Mann genaue Vorstellungen davon, wie ein politischer Film auszusehen hatte. Der Vortrag zeichnet Manns Poetologie eines politischen – genauer: antifaschistischen – Films nach und nutzt dazu das erwähnte Drehbuch in seinen Varianten sowie Essays, Briefe, Tagebuchaufzeichnungen und die Autobiografie »Der Wendepunkt«. In den verschiedenen Schriften artikuliert sich das Programm eines politisch engagierten Schriftstellers und passionierten Kinogängers, der den Film zugleich aktivistisch und als Medium politischer Bildung nutzen wollte. Klaus Manns Vorstellungen, wie ein politischer Film auszusehen habe, werden anhand der Paratexte und Drehbuchfassungen von »The United States of Europe / Union now« herausgearbeitet.
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Sprecher:in
Sandra Nuy
- 14:05 - 15:30
- Ludvík Aškenazy, der große Erzähler
- Czech writer, journalist, and screenwriter (1921 Český Těšín - 1986 Bolzano) was a representative of literary and cinematic humanism. Generations of Czech children grew up with his loving and poetic humanistic works, which are still familiar to them today. But Aškenázy also participated in Czech New Wave films and left a deep mark on radio. He was born in Silesia, in a region of many languages and shifting borders. During the war, he fought in the Soviet Union with the Czechoslovak army. He became a Czech writer in Prague after the war. He married Leonie Mann, the only daughter of Heinrich Mann. After the Russian occupation in August 1968, Aškenázy emigrated with his family to Germany, where the next part of his literary career unfolded... Tereza Brdečková will guide us through the Czechoslovak part of Aškenázy's life and work. The German part will be presented by Ludvík Aškenázy's son, writer and filmmaker Jidřich Mann.
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Sprecher:in
Jindrich Mann, Tereza Brdečková
Datum
- 21. Nov.. 2025
Uhrzeit
Ort
Veranstalter
cinefest - Internationales Festival des deutschen Film-Erbes
Website
http://www.cinefest.deSprecher
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Anett Werner-BurgmannKunst- und Filmhistoriker, Berlin
Kunst- und Filmhistorikerin und Kuratorin. Sie studierte Germanistik und Kunstgeschichte an der Tech-nischen Universität Dresden und der Humboldt-Universität zu Berlin, wo sie mit einer Dissertation zu Orte der Klassik. Szenographie in Literaturverfilmungen der DEFA, veröffentlicht beim VDG in Weimar 2017, im Drittmittelprojekt Spielräume. Szenenbilder und -bildner der Filmstadt Babelsberg in Koope-ration mit dem Filmmuseum Potsdam promoviert wurde. Nach Stationen am Institut für Kunst- und Bildgeschichte an der HU Berlin und am Institut für Medienkultur und Theater an der Universität zu Köln, lehrt sie Medienwissenschaften an der Macromedia. University of Applied Science. Ihre For-schungsschwerpunkte sind Literaturverfilmungen, Szenographie, deutsch-deutsche Filmgeschichte, Gender und Diversität im DEFA-Spielfilm. Derzeit erarbeitet sie ein Forschungsprojekt zu BIPoC und den (Re-)Präsentationspraktiken des „Fremden“ in Spielfilmen der DEFA. Zuletzt erschienen der Sammelband Hoffmannesk. Auf den Spuren E.T.A. Hoffmanns im Film (Wien: SYNEMA 2024) und ge-meinsam mit Aida Ben Achour Die Geschichte vom kleinen Muck. Diskriminierungskritisch gelesen (2024 online unter: https://www.defa-stiftung.de/defa/bildung-forschung/defa-ist-vielfalt/die-geschichte-vom-kleinen-muck/).
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Jindrich MannFilmmacher, Autor, Prag/Berlin
Geb. 1948 in Prag, Filmmacher, Drehbuchautor und Künstler. Seine Mutter Leonie war die einzige Tochter von Heinrich und Maria »Mimi« Mann; sein Vater war der in der Tschechoslowakei erfolgreiche Schriftsteller Ludvik Aškenazy. Nach der Besetzung Tschechoslowakei durch die Truppen des War-schauer Pakts 1968 emigriert er mit seiner Familie in die Bundesrepublik. 1969–1973 studierte er an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, arbeitete anschließend als Drehbuchautor und Regisseur von Dokumentarfilmen, Kinderfernsehen und Krimis, zumeist für ARD und ZDF. 2007 veröffentlichte er im Rowohlt-Verlag das Buch »Prag, poste restante. Eine unbekannte Geschichte der Familie Mann«.
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Johanna DeventerFilmwissenschaftlerin, Berlin
Johanna Deventer hat im Bachelor Filmwissenschaft und Germanistik an der Freien Universität Berlin studiert. Aktuell ist sie in den letzten Semestern ihres Masterstudiums im Fach Filmkulturerbe an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF. Nebenbei hat sie vielfältige Erfahrungen im Bereich der Filmvermittlung gesammelt. Sie hat u. a. in der Bibliothek der Deutschen Kinemathek, in der Öffent-lichkeitsarbeit beim Kurzfilmfestival interfilm Berlin und bei der Filmuni Summer School & Kinder-filmuni gearbeitet. 2025 hat sie eine sechsteilige Doku-Podcast-Serie mit dem Titel Wer war Konrad Wolf? veröffentlicht, die sie als Autorin, Produzentin und Host gemeinsam mit Kommiliton:innen pro-duziert hat. Im Konrad-Wolf-Jahr ist sie bei zahlreichen Veranstaltungen sowie in Rundfunksendungen als Expertin zu Gast.
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Michael TötebergFilmhistoriker, Hamburg
geb. 1951, arbeitete 1978-2018 als Filmagent zunächst im Verlag der Autoren, später im Rowohlt Verlag und war dort verantwortlich für Literaturverfilmungen wie »Babylon Berlin« und »Tschick«. Zuletzt erschien »Abgedreht. Literatur auf der Leinwand« (Hg., mit Vera Hildenbrandt, 2023); »Ich gehe in ein anderes Blau. Rolf Dieter Brinkmann. Eine Biografie« (mit Alexandra Vasa. 2025). Im Herbst 2026 erscheint bei der edition text+kritik »Das Kino der Autoren«.
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Sandra NuyMedienwissenschaftlerin, Universität Siegen
Sandra Nuy, 1969 in Kleve am Niederrhein geboren, ist Medienwissenschaftlerin an der Universität Siegen, Kulturjournalistin und Dramaturgin. Sie hat Germanistik, Soziologie und Politikwissenschaft studiert und wurde mit einer Arbeit zur Fernsehgeschichte der Dramen Arthur Schnitzlers promoviert. Im Anschluss absolvierte sie eine Weiterbildung zur Kulturmanagerin und war als freie Dramaturgin und Redakteurin tätig. 2003 erfolgte die Rückkehr an die Universität. In ihrer Habilitationsschrift (Lit Verlag 2017) untersuchte sie das Verhältnis von Politik und Film. Sie lehrt, forscht und publiziert in den Bereichen Dramaturgie in Film und Theater, Drehbuchforschung, Politische Kultur und Medienäs-thetik, Erinnerungskulturen. Mehr unter: https://www.uni-siegen.de/phil/medienwissenschaft/personal/lehrende/nuy_sandra/
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Tereza BrdečkováSchriftstellerin, Drehbuchautorin und Filmjournalistin, Prag
Die Schriftstellerin, Drehbuchautorin und Filmjournalistin hat an der FAMU studiert, war dann Drama-turgin im Filmstudio Barrandov, 1992 Programmchefin des Internationalen Filmfestivals Karlovy Vary, anschließend des Filmfestivals Febiofest in Prag. Seit Jahren war sie Kulturjournalistin für tschechi-sche und internationale Zeitschriften und Rundfunk. Sie war wiederholt Mitglied der FIPRESCI-Jurys u.a. in Cannes, Berlin und Locarno. Für das Fernsehen schrieb sie einige Drehbücher, u.a. für die Re-gisseure Jan Němec und Jiří Menzel. Ihre TV-Serie BOHÉMA (2017, Robert Sedláček) schilderte das Leben tschechischer Filmschaffender zwischen 1938 und 1953, UNIVERSUM BRDEČKA (2017, Miroslav Janek) behandelte das Leben und Werk ihres Vaters, des Drehbuchautors und Regisseurs Jiří Brdečka. Seit 2017 ist sie Dozentin an der FAMU im Fachbereich Drehbuch und Dramaturgie. Mit ih-rem Ehemann, dem Autor und Liedermacher Jiří Dědeček betreibt sie den Verlag Limonádový Joe, der auf illustrierte Bücher und Filmliteratur spezialisiert ist.

