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Der 36. Internationale Filmhistorische Kongress ist integraler Teil des cinefest und vertieft die Themen des Festivals in Vorträgen und Diskussionen.
Für die Teilnahme ist die vorherige Akkreditierung erforderlich.

Stundenplan

23.11.2023

09:30 - 09:40
Begrüßung
PANEL 1: MUSIK UND MIGRATION
09:40 - 10:30
Ufa grüβt Lubitsch: Frühe Tonfilmoperetten
Es zeigt sich eine erstaunliche Parallelität der Ästhetik zwischen der deutschen Tonfilmoperette der Jahre 1930-33 und den Tonfilmoperetten der Paramount von Ernst Lubitsch, bzw. Rouben Mamoulian, die beide gleichermaßen den Filmrealismus ablehnen. Wie Michael Wedel in seinem Werk zum deutschen Musikfilm aufzeichnet, ist der experimentfreudige Wandel der Ufa zur Tonfilmoperette erklärbar anhand der neuen technischen Möglichkeiten des Tonfilms und seine wirtschaftlichen Zwänge. Aber auch die weitere Entwicklung der Tonfilmoperette zum sogenannten Sängerfillm und Mitte der 1930er Jahre zur klassischen Filmoperette finden Parallelen in der Gestaltung des Musicals in Amerika. Zu fragen ist, wie diese ähnlichen Ästhetiken des Musikfilms den Boden für deutsche Filmexilanten in Hollywood, die Musicals drehten, vorbereitete oder verhinderte.
Sprecher:in
Jan-Christopher Horak
10:40 - 11:30
La La Land. Filmmusikalische Phantasien über transatlantische Migration
Die Universalität der Musik erweitert den Hallraum des Tonfilms. Indem er nicht nur visuell und akustisch, sondern darüber hinaus musikalisch erzählt, verbindet der Musikfilm ein filmästhetisches und ein migrationssoziologisches Narrativ: Er öffnet die Grenzen nationalkultureller Identitäten auf transkulturelle Übereinstimmungen und Abweichungen zwischen Herkunfts- und An-, bzw. Aufenthaltsland. Er verleiht diesem Akkulturationsprozess musikalisch Ausdruck und attestiert gerade ihm einen – universell verständlichen – Affektcharakter. Diese Utopie dehnt sich mit der Perspektive auf Amerika als dem klassischen Einwanderungsland räumlich und politisch aus. Zwei romantic comedies, beide ökonomische Krisenfilme um 1930 und musikalisch erträumte Fluchten, interpretieren die Übergangserfahrung zwischen Herkunft und Zukunft gegensätzlich: Die Statue of Liberty begrüßt die Protagonistinnen des amerikanischen Film DELICIOUS (US 1931, David Butler) und des deutschen Films EIN BLONDER TRAUM (DE 1932, Paul Martin) bei ihrer Ankunft gleichermaßen freundlich und einladend. Während aber der Traum vom Glück der Berliner Zirkusartistin Jou-Jou (Lilian Harvey), in Hollywood ein Filmstar zu werden, platzt, erfüllt sich der Traum vom Glück für die schottische Auswanderin Heather (Janet Gaynor). Die Exklusion der Artistin aus dem Filmbusiness führt nicht ohne antiamerikanischen Unterton an den Ausgangsort zurück. Ein Jahr später ist diese Lösung für die meisten Mitarbeiter dieses Films »ausgeträumt«. Die Integration der schottischen Waisen ins Land of Freedom zeichnet sich schon auf der Überfahrt programmatisch ab in der Transformation der unterschiedlichen musikalischen Identitäten der Auswanderer zu dem song »The Melting Pot«, in dem diese Unterschiede verschmelzen. Musik liegt also in der Luft des La La Land: Ob freiwillige Migration oder unfreiwilliges Exil, die deutschen und europäischen Filmschaffenden bringen das erprobte Potential mit für eine gelingende Transmigration: eine hohe formale Qualifikation, räumliche Mobilität, transnationale Netzwerke, zirkuläre kulturelle Identität und die Praxis des transformationsaffinen Musikfilms, der in die Ästhetik des amerikanischen Musicals hineinwirkt.
Sprecher:in
Heike Klapdor
PANEL 2: MUSIKFILM DEFINIEREN
11:40 - 12:30
Über Heymanns Tonfilmoperetten und Möglichkeiten, Musikfilme zu beschreiben
Um den Bau musikalischer Filmkomödien zu beschreiben, wird an Werner Richard Heymanns Tonfilmoperetten ein Raster beschreibender Kategorien vorgestellt. Unterhalb der Genres Komödie und Melodram ist für erstere ein Zirkel von szenischer Komik und Happy End konstitutiv. Dieser vermag auch ernste Themen und zeittypische Milieus zu integrieren. Großflächigere komödiantische Strukturen fügen sich ins Handlungsgerüst ein: Verwechslung bzw. Täuschung, komische Figuren, Parodie und Satire, Witz und Komik der Sprache sowie (auf einer Metaebene) eine Selbstironisierung des Films. – Die Beschreibung übergreifender Intentionen und Handlungsziele der Figuren sowie deren wechselseitige Konflikte charakterisieren die Filmhandlung; wesentlich sind auch verursachende und auflösende (spielinterne wie zeittypische) Wendepunkte. Veranschaulicht wird das am Film EIN BLONDER TRAUM. – Deskriptoren für die Musik sind: Singen als Gattungskonvention versus szenisch motivierte Musik, musikalisch unterlegte Sequenzen vs. musiklose, Gesang vs. instrumentale Variationen, übernommene Musik (Operettenverfilmung, Komponistenfilm), Zusammenhang von musikalischem und Bild-Rhythmus, schnittübergreifende Melodieführung, Chöre, musikalischer Witz. – Im Gegensatz zum Ein-Lied-Film arbeitet eine »sinfonische« Gestaltung mit mehreren Liedern, die zentrale Figuren und Themen charakterisieren. Diese besondere Qualität von Heymanns Tonfilmoperetten wird anhand von EIN BLONDER TRAUM, speziell des Lieds »Irgendwo auf der Welt«, veranschaulicht.
Sprecher:in
Wolfgang Trautwein
12:30 - 13:30
Mittagspause
BUNDESARCHIV DIGITAL
13:30 - 14:30
Eigenständige und umfassende Online-Filmrecherchen – der neue Digitale Lesesaal; Von der Filmrolle zur Datei. Die Postproduktionswerkstatt in Hoppegarten
Sprecher:in
Christian Hänger, Petra Rauschenbach
14:40 - 15:40
Gesprächsrunde: Diskussion über Eröffnungsfilm
Jan-Christopher Horak
Jan-Christopher Horak
Professor, Chapman University, UCLA
Professor, Chapman University, UCLA; Ehemaliger Leiter UCLA Film & Television Archive; Director, Archives & Collections, Universal Studios; Director, Munich Filmmuseum; Senior Curator, George Eastman House; Professor, University of Rochester; Hochschule für Film und Fernsehen, München; Promotion Westfälische Wilhelms-Universität, Münster. Publikationen: »Hollywood Goes Latin« (2019), »Cinema Between Latin America and Los Angeles« (2017), »L.A. Rebellion: Creating a New Black Cinema« (2015), »Saul Bass« (2014), »Lovers of Cinema« (1995), »Anti-Nazi Filme der deutsch-sprachigen Filmemigration von Hollywood« (1985), »Film und Foto der 20er Jahr« (1979). Ca. 300 Artikel. Auszeichnungen: SCMS Katherine Kovacs Singer Essay Award (2007), Andor Kraszna-Kraus Film Book Award (2016), SCMS Best Edited Collection Award (2017), Reinhold Schünzel-Preis (2018), Ehrenpreis des Deutschen Kinemathekverbunds (2021).
Heike Klapdor
Heike Klapdor
Filmhistorikerin, Berlin
Dr. phil., forscht und schreibt über die Themen Frauen, Exil, Film und Literatur, Herausgeberin und Autorin zahlreicher Publikationen, zuletzt über Filme von Julien Duvivier (Synema 2023) und Marcel Carné (Synema 2023). 2021 erschien die Monographie »Mit anderen Augen. Exil und Film« (edition text+kritik). 2016 wurde sie mit dem Reinhold Schünzel-Preis ausgezeichnet.
Wolfgang Trautwein
Wolfgang Trautwein
Literaturwissenschaftler, Salzburg / Berlin
geb. 1949, Staatsexamen in Germanistik, Philosophie und Romanistik, komparatistische Promotion über Schauerliteratur im 18. und 19. Jahrhundert, Veröffentlichungen u. a. zu Dramenformen, Komödientheorie, Werner Richard Heymann. 1978 Wissenschaftlicher Assistent an der Technischen Universität Berlin, Geschäftsführer des Literarischen Colloquiums Berlin, Sekretär der Abteilung Literatur der Akademie der Künste Berlin, 1986-2015 Direktor des Archivs der Akademie der Künste, 2015-2021 Vorsitzender des Arbeitskreises selbständiger Kultur-Institute (AsKI). Lebt in Berlin und Salzburg.
Christian Hänger
Christian Hänger
Abteilungsleiter Archivtechnik und zentrale fachliche Dienstleistungen im Bundesarchiv
Petra Rauschenbach
Petra Rauschenbach
Abteilungsleiterin Filmarchiv im Bundesarchiv
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Datum

23. Nov. 2023
Abgelaufene Events

Uhrzeit

9:30 - 15:40

Ort

Gästehaus der Universität
Rothenbaumchaussee 34, 20148 Hamburg
cinefest - Internationales Festival des deutschen Film-Erbes

Veranstalter

cinefest - Internationales Festival des deutschen Film-Erbes
E-Mail
info@cinefest.de
Website
http://www.cinefest.de

Sprecher

  • Christian Hänger
    Christian Hänger
    Abteilungsleiter Archivtechnik und zentrale fachliche Dienstleistungen im Bundesarchiv
  • Heike Klapdor
    Heike Klapdor
    Filmhistorikerin, Berlin

    Dr. phil., forscht und schreibt über die Themen Frauen, Exil, Film und Literatur, Herausgeberin und Autorin zahlreicher Publikationen, zuletzt über Filme von Julien Duvivier (Synema 2023) und Marcel Carné (Synema 2023). 2021 erschien die Monographie »Mit anderen Augen. Exil und Film« (edition text+kritik). 2016 wurde sie mit dem Reinhold Schünzel-Preis ausgezeichnet.

  • Jan-Christopher Horak
    Jan-Christopher Horak
    Professor, Chapman University, UCLA

    Professor, Chapman University, UCLA; Ehemaliger Leiter UCLA Film & Television Archive; Director, Archives & Collections, Universal Studios; Director, Munich Filmmuseum; Senior Curator, George Eastman House; Professor, University of Rochester; Hochschule für Film und Fernsehen, München; Promotion Westfälische Wilhelms-Universität, Münster. Publikationen: »Hollywood Goes Latin« (2019), »Cinema Between Latin America and Los Angeles« (2017), »L.A. Rebellion: Creating a New Black Cinema« (2015), »Saul Bass« (2014), »Lovers of Cinema« (1995), »Anti-Nazi Filme der deutsch-sprachigen Filmemigration von Hollywood« (1985), »Film und Foto der 20er Jahr« (1979). Ca. 300 Artikel. Auszeichnungen: SCMS Katherine Kovacs Singer Essay Award (2007), Andor Kraszna-Kraus Film Book Award (2016), SCMS Best Edited Collection Award (2017), Reinhold Schünzel-Preis (2018), Ehrenpreis des Deutschen Kinemathekverbunds (2021).

  • Petra Rauschenbach
    Petra Rauschenbach
    Abteilungsleiterin Filmarchiv im Bundesarchiv
  • Wolfgang Trautwein
    Wolfgang Trautwein
    Literaturwissenschaftler, Salzburg / Berlin

    geb. 1949, Staatsexamen in Germanistik, Philosophie und Romanistik, komparatistische Promotion über Schauerliteratur im 18. und 19. Jahrhundert, Veröffentlichungen u. a. zu Dramenformen, Komödientheorie, Werner Richard Heymann. 1978 Wissenschaftlicher Assistent an der Technischen Universität Berlin, Geschäftsführer des Literarischen Colloquiums Berlin, Sekretär der Abteilung Literatur der Akademie der Künste Berlin, 1986-2015 Direktor des Archivs der Akademie der Künste, 2015-2021 Vorsitzender des Arbeitskreises selbständiger Kultur-Institute (AsKI). Lebt in Berlin und Salzburg.


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