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Stundenplan
20.11.2021
- PANEL 3: DREI STARS
- 9:30 - 10:15
- Marija Leiko. Hat ihr Stern am Filmhimmel geleuchtet?
- »Die bildschöne Marija Leiko aus dem DT«, wie deutsche Theaterkritiker schrieben, war eigentlich eine Let-tin. Aber warum ist sie trotz einer erfolgreichen Karriere an Max-Reinhardt-Theatern nicht zu einem deut-schen Filmstar geworden? Nach revolutionären Ereignissen im Apollo-Theater war die 1887 in Riga geborene Schauspielerin 1908 gezwungen, Lettland zu verlassen. Zusammen mit ihrem damaligen Partner, dem Schau-spieler Jānis Gūters, (später in Deutschland als Regisseur Johannes Guter bekannt) hat sie an der Wiener Akademie für Musik und Kunst studiert (mit Stipendium des Burgtheaters). In Deutschland wurde ihre ge-meinsame Tochter geboren. Ab und zu war Marija Leiko auch zu Theater-Gastspielen in Lettland. Eine kurze Teilnahme an der lettischen Theatertruppe in Moskau »Skatuve« (Die Bühne) wurde zu ihrem tragischen Schicksal – 1938 wurde sie zusammen mit der ganzen Truppe im Butirki Gefängnis ermordet. Als sie 1919 zum Film kam, war sie schon dreißig. In diesem Alter hatte sie wie viele andere Schauspielerinnen wenig Hoffnung auf Rollen als Liebhaberin oder überhaupt Hauptrollen, die schnell zu Popularität und Aner-kennung geführt hätten. In den bedeutendsten deutschen Filmenzyklopädien ist Marija Leikos Name leider nicht zu finden, obwohl sie vor der Kamera mit berühmten deutschen Schauspielern wie Fritz Kortner (SATANAS, 1919, Regie: F. W. Murnau), Lil Dagover und Werner Krauß (DIE KWANNON VON OKADERA, 1920, Regie: Carl Froelich), Paul Richter und Alfred Abel (DAS OPFER DER ELLEN LARSEN, 1921, Regie: Paul Ludwig Stein), Emil Jannings, Eugen Klöpfer und Lucie Höflich (DIE RATTEN, 1921, Regie: Hanns Kobe), Adele Sandrock (VERLOGENE MORAL / BRANDHERD, 1920/21, Regie: Hanns Kobe), Vera Schmiterlöw und Werner Fuetterer (AM RÜDESHEIMER SCHLOSS STEHT EINE LINDE), Gre-te Mosheim und Gustav Fröhlich (DIE ROTHAUSGASSE, 1927/28, Regie: Richard Oswald) gespielt hat. Eine ihrer bedeutendsten Rollen, die Magd Pauline, spielte Leiko in Hanns Kobes Film DIE RATTEN. Leider ist nur eine unvollständige Kopie im Niederländischen Filmarchiv erhalten. Nach längerer Pause hat sie 1927 wieder mit Johannes Guter (es gibt kein Zeugnis über eine offizielle Ehe) beim Film AM RÜDESHEIMER SCHLOSS STEHT EINE LINDE zusammengearbeitet. Es ist ein Melodrama, in dem Marija Leiko die adlige Mutter eines der Haupthelden spielt – mit Würde und Eleganz.
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Sprecher:in
Anita Uzulniece
- 10:30 - 11:15
- »Mein Herz ist eine Jazzband« Lya Mara. Ein Kinostar aus Riga
- »Das Kino der Weimarer Republik«, so Anton Kaes in der »Geschichte des deutschen Films« (1993), »war eine dynamische Industrie voller Energie und Expansionsdrang. Bei einer durchschnittlichen Jahresproduktion von 200 – 500 Filmen wurde die deutsche Filmindustrie an Größe nur noch von Hollywood übertroffen.« Allerdings sind nicht wenige der Akteure und Filme, die diese Kino-Ära mitprägten, heute kaum noch bekannt. Das hängt zum einen sicher mit der prekären Quellenlage zusammen, zum anderen mag auch das vorrangige Interesse an den Meisterwerken der 1920er-Jahre, wie den Klassikern DAS CABINET DES DR. CALIGARI (1919/20) und DER LETZTE MANN (1924) sowie deren renommierten Darstellern wie Paul Wegener, Conrad Veidt und Lil Dagover, den Blick auf das populäre Kino der Stummfilmzeit und seine Protagonisten verstellt beziehungsweise in den Hintergrund gedrängt haben. Lya Mara etwa zählte über eine Dekade zu den bekanntesten Filmstars jener Zeit, rangierte auf der Beliebtheitsskala des Kinopublikums weit oben, doch das Leben dieser Schauspielerin liegt nahezu im Dunkeln. Nicht einmal gesicherte Basisinformationen wie ihr Geburts- und Todesdatum oder die Stationen ihrer recht abenteuerlichen Karriere sind bekannt. Ihre Filme – nahezu 60 zwischen 1917 und 1930 in Deutschland entstandene Produktionen – blieben weitgehend unbeachtet; abgesehen von einigen Ausnahmen (so wurde vor über zwanzig Jahren im Rahmen des CineGraph-Kongresses »CinErotikon« der Lya-Mara-Film FRAUEN, DIE MAN OFT NICHT GRÜSST aus dem Bestand des Gosfilmofond/Moskau gezeigt). In Filmgeschichten wird Lya Mara allenfalls en passant erwähnt. Doch wer verbarg sich hinter diesem Künstlernamen? Worauf gründete sich die Popularität dieser Schauspielerin? Wie wurde sie von der zeitgenössischen Kritik beurteilt? Wesentlichen Anteil an der Ausprägung ihres Starimages hatte ihr Ehemann und Mentor Friedrich Zelnik, über den ebenfalls nur wenig bekannt ist und der heute nur noch als Regisseur der ambitionierten Gerhart-Hauptmann-Verfilmung DIE WEBER (1927) wahrgenommen wird. Anhand von Archiv-Dokumenten, filmhistorischen Quellen und der zeitgenössischen Publizistik lässt sich das Leben dieser fast vergessenen Schauspielerin nachzeichnen.
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Sprecher:in
Guido Erol Hesse-Öztanil
- 11:30 - 12:15
- Anna Sten on the crossroads of Soviet silent film acting schools
- Acting was one of the main battlefields of Soviet silent cinema. The radical avant-garde was obsessed with typecasting non-professional actors; montage was supposed to substitute for acting. This “typage-montage” school was juxtaposed with the classical “actors” cinema. Yet, there was no consensus about the latter. The elder generation praised Method acting and promoted the Moscow Art Theatre; pupils of Vsevolod Meyerhold, nurtured on biomechanics, were a growing force; Lev Kuleshov and the FEKS group aspired to train genuine “American” actors; and static matinee idols of the pre-revolutionary era were still quite popular. In this context, it was hardly possible to satisfy everyone and introduce an exemplary actor. Anna Sten (1906–1993) came closer than many to solving the puzzle. She gained nationwide popularity in a comedy directed by Kuleshov’s pupil (Boris Barnet’s THE GIRL WITH A HATBOX) and in a melodrama deeply rooted in pre-revolutionary cinema (Fedor Otsep’s EARTH IN CHAINS). In Yakov Protazanov’s THE WHITE EAGLE she was suc-cessful paired with Vasily Kachalov, the signature actor of the Moscow Art Theatre, and with Meyerhold him-self. Her mastery was nailed down by the leading role in Evgenii Cherviakov’s MY SON, an existential drama built on extreme close ups. It would have been interesting to predict her future in Soviet sound films, but, at the brink of the sound revolution, Anna Sten emigrated to Europe and the US where her career took an en-tirely new path.
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Sprecher:in
Peter Bagrov
- 12:15 - 13:45
- Lunch Break
- PANEL 4: PRODUKTIONSGESCHICHTEN
- 13:45 - 14:30
- Familienbande. Die Salkinds – eine Produzentendynastie der Superlative
- Filme der Salkinds, einer drei Generationen umfassenden Produzentenfamilie von Exilrussen, gehören unbe-stritten zu Meilensteinen der internationalen Filmgeschichte: G.W. Pabsts DIE FREUDLOSE GASSE (1925), Orson Welles’ DER PROZESS (1962), Richard Lesters THE THREE MUSKETEERS (1973) und Richard Donners SUPERMAN (1977/78). Die Salkinds waren Archetypen des Independent Producers, Meister kreativer Finanzierungsme-thoden, Kenner aller Steuerschlupflöcher und knallharte Geschäftspartner. Sie waren auf drei Kontinenten zu Hause, hangelten sich von einem Projekt zum nächsten, produzierten Welterfolge und Megaflops und waren um keinen Skandal verlegen. Der Vortrag wird Einblicke in die weitestgehend unbekannte Familien-Geschichte der Salkinds geben, ihre internationalen Stationen als Filmnomaden aufzeigen und in die Besonderheiten ihres Produktionsmodells einführen.
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Sprecher:in
Daniel Otto
- 14:45 - 15:30
- Filmmogul Miloš Havel. Eine Geschichte in vier Akten
- Miloš Havel (1899–1964) ist sicherlich der bedeutendste tschechische Filmunternehmer der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er vereint viele Merkmale, die für die zweite Generation der Pioniere der Filmindustrie typisch sind. Sein Schicksal veranschaulicht aber auch mit verblüffender Genauigkeit die historischen Wen-dungen der mitteleuropäischen Filmindustrie. Er war ein Selfmademan, obwohl er im Gegensatz zu anderen den großen Vorteil eines starken familiären Hintergrunds in Wirtschaft und Gesellschaft ausnutzte. In den 1920er und 1930er Jahren engagierte er sich nach und nach in der Kinoverwaltung, im Filmverleih, im Filmau-ßenhandel, in der Filmproduktion und schließlich im Aufbau des bis heute größten tschechischen Filmstudios in Barrandov. Sein unternehmerischer Stil war großzügig und auch riskant. Im Gegensatz zu anderen hat er immer international gedacht und seine Kontakte im Ausland ausgebaut. Dies machte er sich auch während der Nazi-Besetzung der tschechischen Länder zunutze, als er sich zunächst lange gegen den Zwangsverkauf seiner Studios wehrte und dann zu denjenigen gehörte, die mit seiner Firma Lucerna-Film den tschechisch-sprachigen Film am Leben erhielten. Nach dem Ende des Krieges wurde er der Kollaboration mit den Deut-schen beschuldigt und verfolgt. Der vierte Akt seines Lebens begann 1952 in München, Bayern…
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Sprecher:in
Tereza Czesany Dvořáková
Datum
- 20. Nov. 2021
- Abgelaufene Events
Uhrzeit
Sprecher
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Anita UzulnieceFilmhistorikerin, Riga
studierte Germanistik an der Staatlichen Universität von Lettland und Filmwissenschaften am Filminstitut in Moskau. Zusätzliche Studien und Dissertation über den Dokumentarfilm 1960-80 in Lettland. Mitverfasserin des Buches “Filmgeschichte in Lettland”. Dozentin für Filmgeschichte an der RISEBA. Als Filmkritikerin schreibt sie über Filme und veröffentlicht Rezensionen und Festivalberichte. Seit 1999 organisiert sie in Riga das Filmforum And the Word Be-came Film, das auch Debatten über »Film und Theologie« umfasst. Mitglied von FIPRESCI und INTERFILM. Mitglied mehrerer FIPRESCI- und INTERFILM-Jurys sowie der Ökumenischen Jurys in Berlin, Cottbus, Karlovy Vary, Locarno, Cannes und Montréal.
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Daniel OttoHead of Business Development bei Crunchyroll SA, Berlin
geb. 1966 in Berlin/West. Studium der Wirtschaftswissenschaft in Bochum, Diplomarbeit über »Filmwirtschaft und schwerindustrielle Unternehmensstrategie in der Weimarer Republik«. Stationen des beruflichen Werde-gangs u.a. Leiter des Spielfilmeinkaufs bei KirchMedia, Aufbau des T-Online VoD Portals, Spielfilmeinkauf bei Premiere Fernsehen und den Sony Sendern ANIMAX und AXN, Leiter der Lizenzabteilung von AV Visionen, seit 2020 Head of Business Development bei Crunchyroll SA. Vorträge und Veröffentlichungen u.a. zu Hugo Stinnes und Film in den 1920er Jahren, Gleichschaltung der deutschen Filmindustrie im »Dritten Reich«, Mehrspra-chenproduktionen unter Hitler und Franco in den 1930er Jahren und zu Deutsch-Japanischen Anime Koproduk-tionen der 1970er Jahre. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.
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Guido Erol Hesse-ÖztanilFilmwissenschaftler, Hameln
Dr. Guido Erol Hesse-Öztanil, geboren 1965 in Stuttgart, Studium der Germanistik und Geschichte in Hannover, Promotion mit einer filmwissenschaftlichen Arbeit über Arno Schmidt (2012 veröffentlicht unter dem Titel »Stumme Lichtzeichen. Arno Schmidt und das Kino«), lebt und arbeitet als Redakteur in Hameln und schreibt derzeit an einer Biografie über Lya Mara.
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Peter BagrovGeorge Eastman Museum, Rochester, NY
Peter Bagrov is a film historian and archivist. In 2013–2017 he was the Senior Curator at Gosfilmofond of Russia. Since August 2019 he is the Curator in Charge of the Moving Image Department at the George Eastman Museum and the Director of the L. Jeffrey Selznick School of Film Preservation. His main areas of research in-terests are Russian and Soviet film history of the 1900s through 1960s and filmography.
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Tereza Czesany DvořákováFilmwissenschaftlerin, Prag
studierte Filmwissenschaft an der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität und Film- und Fernsehpro-duktion an der FAMU in Prag. Derzeit arbeitet sie als Assistenzprofessorin am Institut für Filmwissenschaft der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität und als Fachredakteurin des wissenschaftlichen Zeitschrift Arte-Acta. Sie ist Autorin von Studien, die sich hauptsächlich mit der Geschichte des tschechischen Films befassen, und Mitautorin der Monografien »Prag-Film AG 1941–1945« (et+k, 2008), »Generace normalizace. Ztracená generace českého filmu?« (Generation der Normalisierung. Die Verlorene Generation des tschechischen Films?) (Prag, 2016), und des Kinderbuchs »Jak vznikl film« (Wie der Film entstand) (Prag, 2016; nominiert für das beste Kinderbuch 2017). Darüber hinaus beschäftigt sie sich mit der Wirtschaftsgeschichte des Films, der Filmpolitik und der Filmvermittlung.